11 Stunden und 11 Minuten Zu Karneval ist der Kölner Hauptbahnhof Verteilerstelle für Jecke aus ganz Deutschland. Ein Tag in Bildern
11 Stunden und 11 Minuten von Eliana Berger
Es gibt einen Ort in Köln, den wohl jeder Jeck im Verlauf der Karnevalstage besucht. Sein Ruf ist derzeit etwas angekratzt, aber es ist nicht zu leugnen, dass er in diesen Tagen fest in kostümierter Hand ist: Der Hauptbahnhof. Im Akkord werden von hier aus Karnevalisten aus der ganzen Republik über die Stadt verteilt.
Grund genug, sich das Treiben einmal aus der Nähe anzusehen. Und zwar, wie sich das am jecksten Tag im Jahr gehört, für elf Stunden und elf Minuten. Elf symptomatische Momente der Weiberfastnacht am elfgleisigen (!) Hauptbahnhof.
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Um die Mittagszeit herum ist der Karneval für einen Moment erstaunlich weit weg. An den Gleisen herrscht Stille. Die Karnevalisten feiern jetzt anderorts, die Reisenden haben die Bahnsteige zurückerobert. Gestalten mit Koffern und gesenkten Blicken huschen vorüber. Eine einsame Gruppe Einhörner trinkt Kleine Feiglinge und wippt mit den Füßen zu einem imaginären Takt. Unten in den Gängen stehen Polizisten in orangenen Warnwesten in Reih und Glied. Hier ist es zwar voller – für mehr als ein paar Wegbeschreibungen werden sie gerade aber nicht gebraucht.
Für Maver ist heute ein großer Tag: In der Schule hat der Erstklässler seine erste Karnevalsparty gefeiert. Da lässt Mutter Jackie ihn und die kleinen Geschwister ausnahmsweise auch einen Blick auf den Trubel in der Stadt werfen. Die Familie lebt seit drei Jahren in Köln – das hier ist für alle eine Premiere. Die Kinder fassen sich an den Händen und folgen der Mama hinein in den Strom singender Karnevalisten.
Gegen Nachmittag beginnt der Boden zu kleben. Die Blicke werden müder, der Gesang kreischender. Die Musik kommt jetzt aus Boxen und nicht mehr frisch aus der Trompete. Alles, worauf der Jeck sitzen kann, wird zum Erholungsort auserkoren. Manch einer hängt schon kopfüber in den Sitzen. Und überall wird gegessen: Pizza, Pommes, Burger. „Nicht die Chicken Wings“, ruft ein Drache und versucht verzweifelt, seine Fressbox vor den gierigen Händen seiner Begleiter zu retten. Immerhin geht es hier nur ums Essen – in den Durchsagen wird jetzt in regelmäßigen Abständen vor Trickdieben gewarnt.