geschrieben von Peter Berger

Nichts geht mehr
Zwischen Köln und Düsseldorf wird Pendlern viel abverlangt.

Nichts geht mehr von Peter Berger

An Tagen wie diesen muss man strategisch vorgehen, wenn man nicht auf dem Bahnsteig zurückbleiben will. Karsten Wohlert geht strategisch vor, fährt am Montag lieber gleich eine Stunde später zur Arbeit. 8.57 Uhr, Bahnhof Köln-Mülheim. Der Regional-Express der Linie 1 kommt mit fünf Minuten Verspätung. Das ist annehmbar dafür, dass zwischen Köln und Düsseldorf wegen der Großbaustellen so gut wie nichts mehr fährt. An einen Sitzplatz ist heute freilich nicht zu denken. Hauptsache, es passen alle rein.

'Da wurde mit ganz heißer Nadel gestrickt.' Bahn-Mitarbeiter

Selten ist es augenfälliger als in diesen Tagen, wie dringend nötig der Ausbau der Trassen zwischen Köln und Düsseldorf für den neuen Rhein-Ruhr-Express ist. Normalerweise dauert die Fahrt 22 Minuten. Weil wegen der Bauarbeiten zwischen den beiden Großstädten aber nur noch zwei Gleise zur Verfügung stehen – sich der RE die Trasse also mit der S-Bahn teilen muss – dauert es diesmal fast doppelt so lange. „Ich bin mir sicher, dass viele aufs Auto umgestiegen sind“, sagt Wohlert, als sein Zug nach mehreren Zwischenstopps mitten auf der Strecke den Haltepunkt Düsseldorf-Benrath erreicht. „Normalerweise wird es hier noch mal richtig voll.“

Für Unmut sorgt bei vielen Fahrgästen vor allem das missglückte Baustellenmanagement.

Linksrheinisch fällt der RE 6 komplett aus, rechtsrheinisch fährt nur der RE 1 und die S-Bahn-Linie 6 im Halbstundentakt. Die ist zwischen Leverkusen und Düsseldorf derart überfüllt, dass sie aus dem Takt gerät. Das sei schon dreist, was sich die Bahn leiste, klagt Ingrid Schürmann, die täglich aus Krefeld nach Köln fährt – meist über Dormagen. Der Bus als Schienenersatz tauge nichts. „Die Züge warten nicht mal ab, bis der Bus kommt.“

Viel Personal im Einsatz

Bei der Bahn gibt man sich ziemlich zerknirscht und hat versucht, auf den letzten Drücker durch den Einsatz von viel Personal das Chaos auf der rechtsrheinischen Verbindung einigermaßen abzufedern. „Die Vorlaufzeit war zu kurz“, sagt ein Mitarbeiter im Kölner Hauptbahnhof, der ungenannt bleiben möchte. „Wir sind von dieser Baustelle zwischen Köln, Düsseldorf und Duisburg überrascht worden.“ Anfangs waren die Zugausfälle nicht mal in den elektronischen Fahrplansystemen hinterlegt. „Da wurde mit ganz heißer Nadel gestrickt.“

Immerhin: Im Berufsverkehr gelingt es der Bahn, einige Fernzüge zwischen Köln, Düsseldorf und Duisburg für den Berufspendler spontan freizugeben, die normalerweise nur den Nahverkehr nutzen dürfen. „Eine generelle Freigabe kann es nicht geben, weil es keinen Sinn hat, einen vollen ICE für Fahrgäste des Regionalverkehrs zu öffnen“, sagt eine Bahnsprecherin. Karsten Wohlert wird das auf dem Rückweg von Düsseldorf nichts nutzen. Der ICE hält leider nicht in Köln-Mülheim.

Zwischen Köln und Düsseldorf soll sich die Lage laut Bahn zum Wochenende normalisieren, weil die Brückenarbeiten bei Langenfeld und der Austausch einer Weiche erledigt sind. Pendler, die weiter ins Ruhrgebiet fahren, müssen aber bis zum 5. April mit Ausfällen und Verspätungen rechnen. So lange wird es dauern, bis 16 Kilometer Gleise und 70 Weichen zwischen Duisburg und Düsseldorf ausgetauscht sind. Die Folgen werden sich durch Verspätungen bis Köln auswirken.