geschrieben von Philipp Remke

Wie der Tagebau das Rheinland prägt
Von gigantischen Baggern und der Zerstörung von Lebensraum

Wie der Tagebau das Rheinland prägt von Philipp Remke

Kaum etwas hat die Region westlich von Köln in den vergangenen Jahrzehnten so stark verändert, wie der Braunkohleabbau. Alleine im Tagebau Hambach zwischen Elsdorf und Düren werden jeden Tag mehr als 100.000 Tonnen Kohle gefördert und mehr als 750.000 Tonnen Abraum, also Erdschichten, die über der Kohle liegen, bewegt. 2013 wurden nach Angaben von RWE hier etwa 70 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert: mehr als elf Prozent der gesamten Brutto-Stromerzeugung in Deutschland.

Doch wie wird aus Braunkohle Strom? Und welche Auswirkungen hat das auf die Umgebung? Finden Sie es in unseren 360-Grad-Videos heraus. Mit diesen bringen wir Sie ganz nah heran an die Giganten im Tagebau oder den gewaltigen Kessel des Kraftwerks Niederaußem.

Der Tagebau

Der Tagebau Hambach ist bei weitem die größte Abbaufläche im Rheinischen Revier. In seinen Ausmaßen ist er in etwa so groß wie der Kölner Stadtteil Lindenthal. Das knapp 370 Meter tiefe Loch ist sogar die tiefste künstliche Senke Nordrhein-Westfalens.

Sechs gewaltige Schaufelradbagger holen dort die Rohbraunkohle aus dem Boden. Mit zum Teil 13.500 Tonnen Gewicht zählen sie zu den größten Landfahrzeugen der Welt. Wie sie arbeiten, zeigt unser 360-Grad-Video.

Die gewaltigen Fördermengen von bis zu 240.000 Tonnen pro Tag setzen aber selbst den gewaltigsten Maschinen auf Dauer zu. Denn die Bagger sind oft schon seit Jahrzehnten im Einsatz. Manche Bodenschichten, zum Beispiel Sandsteinbänke, beschleunigen die Abnutzung.

Irgendwann ist eine Generalüberholung fällig. Eine teure Angelegenheit, die den Betreiber schnell mal 17 Millionen Euro kosten kann. Vor allem der Radkranz, auf dem die Schaufelräder montiert sind, leidet. Der Austausch ist aufwendig:

Das Kraftwerk

Pro Jahr werden hier bis zu 28 Millionen Tonnen Braunkohle zu Strom verarbeitet: Das Kraftwerk in Bergheim-Niederaußem ist eines der größten seiner Art. Sieben Blöcke liefern eine Leistung von fast 3.400 Megawatt. Etwas weniger als ein Drittel davon liefert allein der 2003 in Betrieb genommene BoA-Block.

Hier begegnen einem gleich mehrere Superlative: Das Kesselhaus ist mit einer Höhe von 172 Metern das höchste Industriegebäude Deutschlands. Der 200 Meter hohe Kühlturm ist der zweithöchste der Welt. Was darin passiert, zeigt unser 360-Grad-Video:

Die Folgen

Aber welchen Preis zahlen wir für Kohlestrom? Der einstmals 5500 Hektar große Hambacher Forst muss zum Großteil dem Tagebau weichen. Allein in Kerpen-Manheim müssen etwa 1500 Menschen Ihre Heimat verlassen. Mit unserem 360-Grad-Video stehen Sie mitten in den Rodungsflächen und direkt an der Abbaukante. Aber auch in Manheim-neu, einem der umgesiedelten Orte.

Zuletzt folgt auf den Tagebau die Rekultivierung. Mit dem Abraum neuer Tagebaue werden die alten Gruben verfüllt. Anschließend werden die Flächen wieder aufgeforstet oder landwirtschaftlich genutzt. Besonders deutlich zeigt das ein Blick aus der Luft. Das linke Bild zeigt einen Teil des Rheinischen Reviers im Jahr 1984, das rechte Bild das selbe Gebiet im Jahr 2016. Ein Verschieben des Reglers zeigt: Wo vor 33 Jahren noch tiefe Löcher klafften – etwa der Tagebau Fortuna-Garsdorf östlich von Bedburg – sind heute Felder oder Erholungsgebiete. Zum Beispiel das Marienfeld zwischen Kerpen und Frechen, auf dem 2005 die Abschlussmesse des Weltjugendtages in Köln stattfand.

Doch auch die Zerstörung wird hier noch einmal besonders deutlich. Zum Beispiel beim Hambacher Forst, der fast gänzlich verschwunden ist.

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